VfB-Trainer Karsten Quante ist im Großen und Ganzen mit der Saisonvorbereitung seiner Truppe zufrieden. In unserem Interview mit ihm relativiert er dann auch einige Ergebnisse, die dem einen oder anderen VfB-Fan vielleicht schwer im Magen gelegen haben.
Am Sonntag gibt es das letzte Testspiel beim DSC Wanne-Eickel, bevor es dann los geht am Dienstag mit dem Pokalspiel beim TuS Haltern und am Samstag mit dem Ligastart gegen Westfalia Herne. Wie zufrieden ist der Trainer mit der Vorbereitung?
Im Training haben die Jungs alle prima gemacht. Es hat richtig Spaß gemacht. Zumal auch bei vielen erkennbar ist, dass sie wieder einen Schritt nach vorne machen werden, bzw. schon gemacht haben. Natürlich sind Ergebnisse nie unwichtig in der Vorbereitung und man möchte ja auch jedes Spiel gewinnen, aber ein Trainer bekommt die meisten Erkenntnisse aus anderen Dingen, als aus den Ergebnissen. Und daher kann ich sagen, dass ich zufrieden bin.
Es wurde von einigen Fans etwas über die Turnierergebnisse gemault und man fand es nicht gerade prickelnd, dass der VfB wieder mal es versäumt hat, in einer Vorbereitung bei einem Turnier in Marl was für das Prestige zu tun oder Werbung in eigener Sache zu machen.
Vorab: Wenn ich bei der nächsten Sommervorbereitung noch Trainer sein sollte, dann werde ich versuchen, den Vorstand zu überzeugen, dass wir an den Turnieren nicht mehr teilnehmen oder höchstens vielleicht noch eins irgendwo spielen. Man kann sich bei den Spielen zwar mit anderen guten Mannschaften messen, aber es ist noch was ganz anderes, als wenn man 90 Minuten gegeneinander spielt, wie man ja auch gestern beim Testspiel gegen Duisburg wieder sehen konnte. Ein Spieler braucht, gerade in der Vorbereitung, mal die 90 Minuten auf einer Position, um sich zu finden oder um sich Taktik und System zu verinnerlichen. Das geht nicht, wenn man 2 x 20 Minuten spielt oder nur 1 x 45 Minuten. Ich kann die Vereine und unseren Vorstand ja verstehen. Für die ausrichtenden Vereine bringt so ein Turnier mehr und wichtiges Geld in die Kasse als ein Testspiel. Die teilnehmenden Mannschaften könnten auch nicht wenig Geld dabei verdienen, wenn sie weit kommen. Aus der Sicht keine Frage. Aber sportlich bringt es nicht viel und die Zeit könnte man sinnvoller für ein Training nutzen oder aber für ein Testspiel über 90 Minuten gegen einen entsprechenden Gegner.
Prestige und Werbung....
Natürlich habe ich mich über die Niederlagen gegen Sinsen und den TSV geärgert. Nicht aus sportlicher Sicht, sondern rein aus Prestige. Relativieren kann man, dass wir gegen Sinsen mit der zweiten Reihe auf dem Platz standen und dass die Niederlage gegen den TSV viel zu hoch ausgefallen ist und das Spiel auch hätte mit einem anderen Ergebnis ausgehen können. Das hat mir Holger Flossbach (der TSV-Trainer) auch hinterher gesagt. Man muss die Kirche aber auch im Dorf lassen. Jeder, der Ahnung von Fußball hat. weiß, dass die Ergebnisse nicht ausschlaggebend sind. Wäre es ein Pokalspiel gewesen, hätten bei mir auch andere Spieler auf dem Platz gestanden und die Einstellung wäre anders gewesen. Wer jetzt deswegen sagt, dass es sich nicht lohnt, den VfB in der Saison anzugucken und dass man lieber nach Sinsen oder an den Loekamp fährt, dann soll er es machen. Wer es davon abhängig macht oder dieses Arrgument benutzt, der will uns eh nicht sehen. Und davon ab: Die Niederlage gegen den TSV fand ich sogar hilfreich. So wusste die Mannschaft, dass sie noch viel machen muss und wir noch lange nicht am Ende sind. Ich glaube zwar nicht, dass die sich nach einem Sieg zufrieden zurückgelehnt hätten, aber eine gewisse Gefahr ist nach bestimmten Ergebnissen in der Vorbereitung bei sowas immer da.
Ist dir in der Vorbereitung wer besonders aufgefallen?
Wie ich schon sagte, es haben alle toll mitgezogen und gerade die jungen Spieler haben wieder erkennbare Schritte nach vorne gemacht, ebenso wie die, die aus unteren Ligen zu uns gekommen sind. Man kann sagen, dass alle wieder einen Schritt weiter sind, als sie es vor einem Jahr um diese Zeit noch waren. Aber es ist schon wahnsinn, wenn man einen Andre Koch sieht, wie der in seinem Alter (lacht) und nach seinen schweren Verletzungen ackert und die jungen Spieler an die Hand nimmt, ebenso wie Markus Kaya. Tolgahan Capakli ist nach seiner langen Verletzung wieder voll dabei und man merkt ihm nichts an, Tim Heitbreder nähert sich einem ganz anderen Niveau, als er es vorher hatte. Ach, eigentlich zählt das für alle meine Spieler.
25 Spieler im Kader sind eine Menge. Aus finanzieller Sicht, aber auch darauf bezogen, dass unsere zweite Mannschaft ja auch einen ordentlichen Kader hat.
Das mit dem Finanziellen brauchen wir gar nicht weiter diskutieren. Das liegt alles im Rahmen, weil es keine Großverdiener mehr beim VfB gibt. Sofern man überhaupt mal hier von Großverdienern sprechen konnte. Optimal ist es, wenn man jede Position doppelt besetzt hat. Wobei der neue Trend überall auch dazu hingeht, dass man multifunktionale Spieler hat, die auch mal auf 2 oder 3 verschiedenen Positionen einsetzbar sind, ohne dabei einen Qualitätsverlust zu haben. Es wird sich bei uns aber auch wieder einiges relativieren. Es wird leider verletzte oder gesperrte Spieler geben, einige haben Wechselschicht und schon hat man vielleicht an einem Wochenende nur noch 16 oder 17 Mann dabei, so dass wir auch niemanden in die zweite Mannschaft abgeben können. Außerdem zeigt ja das Geschäft, dass es in der Winterpause immer mal wieder Spieler gibt, die den Verein wechseln wollen, weil sie ein tolles Angebot haben oder weil sie zuwenig spielen. Man kann dann auch nicht immer nachlegen, weil man vielleicht gerade den benötigten Spielertyp nicht findet. Von daher ist die Größe gerade noch in Ordnung und vertretbar, zumal man auf unserer Ebene auch immer 17, 18 Spieler beim Training haben sollte, damit auch gescheit trainieren kann.
Am Sonntag gibt es das letzte Testspiel beim DSC Wanne-Eickel. Sehen die Fans dann das Team, welches du dir zum Saisonstart gegen Herne vorstellst?
Bestimmt nicht. Der Weg von der Westfalia nach Wanne ist kurz. Ich werde da nicht die Karten offen legen. Das werde ich auch am Dienstag beim Kreispokalspiel in Haltern nicht machen. Da wird dann unsere 1B-Reihe spielen. Ich würde nur ungerne unser System durchblicken lassen, genauso wenig wie meine eigentliche angedachte Startformation für die Liga. Die Westfalia darf sich gerne überraschen lassen und kann sich den Weg am Sonntag sparen (lacht).
Welches Saisonziel setzt du jetzt nach der Vorbereitung?
Wir wollen so früh wie möglich mit dem Abstieg nichts mehr zu tun haben. Das ist primär. Man kann aber auch erst nach 5 oder 6 Spieltagen sagen und sehen, wie man selber oder die anderen Mannschaften so stehen. Ich bin aber auch überzeugt davon, dass durchaus etwas mehr gehen könnte. Dafür bedarf es aber einige Faktoren. Wir müssen vom Verletzungspech verschont bleiben oder von Sperren, hier und da braucht man auch mal etwas mehr Glück, als es der VfB in den letzten Jahren immer hatte und dann braucht man auch eine gewisse Euphorie, ohne dabei abzuheben oder sich zurückzulehnen. DIe bekommt man, wenn man mal ein paar Spiele nacheinander gewinnt oder zumindest nicht verliert. Wir warten einfach mal ab und gucken von Spiel zu Spiel. Im Fussball ist immer alles möglich. Gutes und Schlechtes. Bei allen Mannschaften. Gerade auch in dieser Liga. Da sind unwahrscheinlich viele Mannschaften vom Niveau ganz eng zusammen. Davon muss dann eine da sein, wenn andere straucheln. Man hat es in der letzten Saison ja gesehen. Oben und unten.
Ist der Kreispokal eine lästige Pflicht?
Ganz klar: Nein! Pokalspiele sind Pflichtspiele und ich will die gewinnen und werde da auch keine waghalsigen Experimente machen. Bei mir spielen die, von denen ich überzeugt bin, dass sie dieses Spiel gewinnen. Ich wechsel da, wenn erforderlich, auch nicht durch. Wenn wir gegen den TSV oder Erkenschwick spielen sollten, spielen die besten Elf, wobei man gegen einen Kreisligisten durchaus auch mal andere Spieler einsetzen kann. Pokalspiele sehe ich nicht als Auslauf- oder Trainingsmöglichkeit oder Chance für Spieler, die nicht oft spielen. Über den Kreispokal kann man in den Westfalenpokal und der wäre für den VfB finanziell wieder eine tolle Sache. Das ist auch ein Ziel von uns.
Wird sich unter der Saison noch was grundliegendes ändern?
Neben dem Wetter? Ja, ich werde schauen, dass wir öfter mal Dienstagabends Testspiele, z.B. gegen Bezirksligisten, machen. Da werden dann alle zum Einsatz kommen, die vorher bei mir oder in der zweiten Mannschaft nicht so viel Praxis gesammelt haben, während der Rest dann normal trainiert. Ich werde da auch nicht durchwechseln. Ich möchte, dass die Jungs dann über 90 Minuten Fussball spielen, damit sie voll da sind, wenn ich sie mal brauchen sollte. Und im Laufe einer Saison werde ich jeden brauchen. Es ist zwar eine Phrase, aber jeder Spieler wird im Laufe einer Saison mal enorm wichtig werden. Da finde ich es sinnvoller, dass die dann schon ab und an mal über 90 Minuten gespielt haben, als wenn sie nur trainieren würden oder bei Testspielen immer nur eine Halbzeit spielen.