Zu den unschönen Szenen am Ende des Derbys in Zweckel wurde am frühen Sonntagabend schon viel geschrieben. Allerdings gaben fast nur die Gladbecker Verantwortlichen dazu ihre Meinungen in diversen Medien ab. Nach Auffassung der beiden langjährigen offiziellen Fanbetreuer Stefan Berger (VfB Hüls) und Philipp Retajski (Hammer Spielvereinigung) entspricht davon vieles nicht der Wahrheit, bzw. darf so nicht stehengelassen werden. Hier geben die beiden ihre gemeinsame Stellungnahme dazu ab.

 

Vorab: Als offizielle Fanbetreuer in unseren Vereinen sind wir wohl diejenigen in unseren Vereinen, welche die höchste Toleranzgrenze haben, was jegliche Fanproblematik angeht. Das muss bei diesem Job auch sein, wenn man nicht nur Ansprechpartner der Fans ist, sondern auch zwischen den Fans und den Vereinen oder ggf. der Polizei vermitteln muss, bzw. helfen möchte. Natürlich finden wir solche Szenen, die wir am Sonntag gesehen haben, nicht gut. Wir wissen aber und wir verstehen sogar, dass es durchaus bei emotionalen Spielen mal zu solchen Szenen kommen kann. Egal in welcher Liga. Sowas gab es schon immer beim Fußball und sowas wird es immer weiter geben. Am Ende sind wir ja auch dafür da, um solche Dinge zu verhindern, deeskalierend einzugreifen und schlußendlich auch, um solche Szenen am Ende mit allen Beteiligten auszuwerten und zu besprechen. Es sollte für alle klar sein, dass wir solche Dinge aber in keinster Art und Weise gutheißen.

Wir sehen uns jetzt aber in der Pflicht, die Aussagen von Günter Wloch (Vorstandsvorsitzender SV Zweckel) und Günter Appelt (Trainer SV Zweckel) zu kommentieren. Wir sehen uns dabei in der Verantwortung für unsere Fans. Wir dürfen und werden solche Aussagen nicht so alleine stehenlassen. Hier schildern wir die Szenen während des Spiels und nach dem Abpfiff, wie wir sie mitbekommen haben.

Unter den insgesamt fast 600 Zuschauern in Zweckel waren gut 120 VfB-Fans. Davon waren ca. 80 auf der Gegengerade. Unter den VfB-Fans waren auch 5 Fans der Hammer Spielvereinigung, inkl. deren Fanbeauftragter, Philipp Retajski. Die Fans der beiden Lager pflegen seit Jahren eine Fanfreundschaft, die auch von beiden Vereinen mitgetragen wird. Es ist seit Jahren Gang und Gebe, sich, wann immer es geht, gegenseitig zu unterstützen.

"Es fielen schon während der 90 Minuten immer sehr viele unschöne Worte von Seiten der Hülser."(Zitat Günter Wloch auf www.aufmplatz.net)

 

  • Die einzigen, "unschönen" Worte, die von Seiten der VfB-Anhänger gesungen wurden, waren einmal "Was ist grün und stinkt nach Fisch? SV Zweckel". Vom Zweckeler Anhang gab es da desöfteren Gesänge gegen die VfB-Fans ("Hülser Schweine") oder auch gegen einzelne Spieler (dazu später mehr). 
  • Vor einigen Jahren setzte sich der VfB mit seinen Fans zusammen an einen Tisch. Dort wurde besprochen, dass die Fans sich auf die Unterstützung der Mannschaft konzentrieren wollen und Schmäh- oder gar Hassgesänge gegen andere Mannschaften und Fans nicht erwünscht sind. Hintergrund war ganz einfach, dass der Fanclub mit seinen "nur" +/- 10 Mitgliedern andere, möglicherweise auch größere Fanszenen nicht provozieren will und eventuell damit Szenen zu verursachen, die man im Stadion nicht sehen möchte. Dass es sich ab und an nicht ganz vermeiden lässt, dürfte klar sein. Trotzdem klappte es bisher sehr gut. Die VfB-Fans bekamen in der NRW-Liga, in der Regionalliga und jetzt in der Oberliga immer viel Lob von anderen Vereinen, den Ordnungsdiensten und der Polizei. Bis dato ging nie Ärger von den VfB-Fans aus. Wir tolerieren trotzdem, wenn andere Fans ihre Gesänge gegen den VfB (egal ob gegen Fans, Spieler oder Verein) machen. Es gehört halt zum Fußball dazu, aber unsere Fans haben für sich beschlossen, sich daran nicht zu beteiligen.
  • Der Fanclub hat in seinen Reihen einen behinderten Jungen integriert und sieht sich da auch in einer Vorbildfunktion und in einer Aufsichtspflicht. Wir als Verein unterstützen und loben diese Sache sehr. Als dieser Junge kurz vor dem Einlaufen der Mannschaften voller Stolz ein paar Leibchen von der Kabine quer über den Platz zur Reservebank bringen durfte, pfiffen die Zweckeler Fans und es fielen Rufe, die wir hier gar nicht wiederholen wollen. Unser Fanclub tolerierte es aber, weil man weiß, dass die andere Seite durchaus unwissend über die ganze Geschichte ist. Alleine hier hätte schon einiges eskalieren können.
  • Vereinzelte Rufe von einzelnen Fans die nicht der Höflichkeitsform nach emotionalen Szenen auf dem Platz entsprechen, kommentieren wir gar nicht weiter. Die gibt es auf jedem Platz. Daran beteiligen sich Kinder und Rentner. Auf jedem Platz. In jeder Liga. Auf jeder Fanseite.

"Wenn einer meine Tochter anmacht, ist natürlich klar, was dann passiert. Um das zu klären, bin ich über die Bande" (Zitat Günter Appelt, Trainer SV Zweckel, in der "Reviersport")

Wir schildern die Situation jetzt so, wie wir sie mitbekommen haben und erlauben uns anschließend ein paar Anmerkungen. Nach dem Abpfiff ging Günter Appelt an den VfB-Fans vorbei zu seiner Familie und seinem Hund, welche ca. 15 Meter neben dem VfB-Anhang waren. Auf dem Weg bekam er einige "Absteiger"-Rufe zu hören, sowie auch einmal von einem einzelnen Fan ein "Appelt du Arschloch". Der Trainer zeigte den Daumen zu den Fans und ging weiter. Kurz, nachdem Appelt bei seiner Familie war, sprang er auf einmal auf, deutete mit den Finger in die Masse der VfB-Fans, sprang über die Bande, rannte in den Pulk hinein und schlug um sich. Sofort versuchte ein VfB-Anhänger (und unser offizieller Schiedsrichterbetreuer) Herrn Appelt wegzuziehen und bekam ebenfalls einen Faustschlag verpasst. Nur mit Mühe und Hilfe seines Co-Trainers konnte Appelt weggezogen werden und stürzte dabei. Trotzdem mischten jetzt noch einige andere Zweckeler und Hülser mit. Wir als Fanbeauftragte kamen nun dazu, konnten gemeinsam mit den Spielern beider Mannschaften die Seiten trennen.

  • An anderer Stelle, Herr Appelt, sagten Sie, dass ihre Familie beleidigt wurde und dass jeder dann wohl so handeln würde. Wir als Fanbeauftragte haben zwar nicht gehört, dass da jemand beleidigt wurde, schließen es aber deswegen natürlich trotzdem nicht aus.
  • Unser Spieler und Ihr Ex-Spieler Marko Onucka wurden von den SVZ-Fans desöfteren mit "Onucka du Arschloch"-Gesängen gewürdigt und ebenso als "Hurensohn" tituliert. Ist unser Spieler über die Bande gegangen, wo doch seine Mutter beleidigt wurde und ist auf die Fans losgegangen?
  • Unser Spieler und ebenfalls ihr Ex-Spieler Christian "Lu" Luvuezo, bekam kurz nach seiner Einwechselung von EINEM Zweckeler Fan in der Nähe Ihrer Bank den Ruf: "Hau die schwarze Verrätersau um" zu hören. Nach den Richtlinien und den Anti-Rassismus-Regularien des DFB hätte hier, bei sofortiger Meldung an den Schiedsrichter das Spiel unterbrochen und abgebrochen werden können. Niemand wollte es scheinbar hören. Würde wir in Hüls oder in Hamm einmal sowas hören, würden wir nicht nur den Fan sofort und für immer entfernen. Derjenige würde das komplette Paket der möglichen Gerichtsbarkeit erfahren. Auch hier blieben beim VfB alle ruhig, obwohl es einige gehört haben.
  • Herr Appelt, so wie von den Fans verlangt wird, hinter der Bande zu bleiben, so darf man von Ihnen verlangen, vor der Bande zu bleiben. Sie hätten sich auf der Pressekonferenz oder bei den Offiziellen des VfB nach dem Spiel beschweren können. Sie hätten sich sicher sein können, dass wir uns der Sache angenommen hätten. Das was sie da aber veranstaltet haben, war reichlich zu viel und deutlich über der Strenge. Sollte Ihre Familie wirklich beleidigt worden sein, so können wir als Fanbeauftragte uns dafür nur entschuldigen, trotzdem rechtfertigt es in keinster Art und Weise Ihr Verhalten.
  • Sie waren oft genug zu Spielbeobachtungen am Badeweiher und immer ein gern gesehener und gern empfangener Gast, was sie auch gespürt haben dürften. Ebenso haben Sie die eine oder andere Partie des VfB auch auswärts gesehen. Haben Sie die VfB-Fans auch nur einmal "unfair" erlebt? Oder haben Sie auch nur einmal mitbekommen, dass es Ärger gab? Sind Sie nicht erfahren genug, nicht nur was möglicherweise unsere Fans anging, um die Ohren bei anderen Fans auf Durchzug zu stellen? Wir denken, dass Trainer und Spieler in der Oberliga durchaus mit solchen Situationen umgehen können sollten.
  • Zuletzt muss man noch hinterfragen, ob es notwendig ist, nach einem Derby, wo auch Sie reichlich Emotionen am Rand gezeigt haben (u.a. ein Jubeln über die rote Karte von Andre Koch), in unmittelbarer Nähe zum Gästebereich sich mit ihrer Familie zu treffen. Wir pflichten natürlich in soweit bei, dass es eigentlich schade ist, dass man sowas nach dem Abpfiff besser so nicht machen sollte, aber leider sind die Emotionen so kurz nach dem Ende noch nicht kühl genug.

ran zweck

Nach diesem Tumult ging es leider noch weiter. Während die Mannschaft ihren Trainer wegbrachte, kamen aber Offizielle und Fans des SV Zweckel zu den VfB-Fans. Ein Wort ergab das andere und nur mit Mühe konnten weitere Ausschreitungen verhindert werden.

  • Was haben die Offiziellen (welche uns als Fanbetreuer alle bekannt sind) dort noch zu suchen? Warum provozierten diese die VfB-Fans weiter? Natürlich (es lebe die Dynamik bei solchen Sachen) gab es dann unschöne Sachen und Aufforderungen zurück. Das sind Dinge, die gehen mal gar nicht. Was erneut daraus entstand, war aber eine logische, wenn auch erneut traurige Konsequenz.
  • Wo war die Security, die vor dem Spiel noch am Eingang stand?
  • Ein ganz großes Lob müssen wir aber an die Helfer des SV Zweckel in den gelben Ordnerwesten verteilen. Diesen zwei bis drei Mann ist am Ende zu verdanken, dass es nicht noch einmal zu einer Schlägerei kam. Diese zogen "ihre Offiziellen" endlich vom Gästebereich weg.
  • Wie kann es sein, dass Pressefotografen recht aggressiv von Vereinsoffiziellen des SV Zweckel und anderen Zweckelern aufgefordert worden sind, die Bilder, die sie gemacht haben, sofort zu löschen? War da vielleicht doch was bei, was die Lage so darstellen könnte, wie man sie gar nicht sehen möchte?
  • Von Seiten des SV Zweckel wurde über die Medien verbreitet, dass man die Sache nicht überbewerten möchte und man sich mit den Offiziellen des VfB schon ausgesprochen hat und alles okay ist. Der SV Zweckel kann sich sicher sein, dass wir als Fanbeauftragte die Sache noch lange nicht abgeschlossen haben und das Gespräch mit dem Vorstand suchen werden. Das sind wir in unseren Funktionen unseren Fans schuldig.

Unsere Bilanz: Am Ende zählte man auf VfB-Seite drei Personen mit leichten bis mittelschweren Gesichtsverletzungen nach Faustschlägen (darunter ein Fan aus Hamm), sowie ungeheuerlicher Weise ein 12jähriges Mädchen, welches am Anfang der Auseinandersetzung nicht schnell genug aus der Menge flüchten konnte und ebenfalls einen Schlag abbekommen hat. Viel schlimmer dürfte hier am Ende der seelische Schaden sein. Das sind erstmal die Personen, die sich bis jetzt bei uns gemeldet haben.

  • Wir haben dazu schon das Bildmaterial angefordert und gesichtet. Wir werden, falls Fans Anzeigen erstellen wollen, dieses als Beweismaterial nach Anforderung der Staatsanwaltschaft oder Polizei zur Verfügung stellen. Ebenso werden wir uns als Zeugen für alle Seiten zur Verfügung stellen und unsere Beobachtungen wahrheitsgemäß schildern.
  • Uns sind viele weitere Schilderungen der Fans zu den Tumulten bekannt. Davon wollen wir aber Abstand nehmen, weil wir nur die Sachen beurteilen und kommentieren können, die wir auch selber gesehen haben.

Wir bedauern diese Vorkommnisse sehr. Auch wenn wir als offizielle Fanbeauftragte durchaus in vielen Situationen viel Toleranz aufbringen und auch schon einiges an Erfahrungen bei solchen Dingen gemacht haben, so hat diese Sache am Ende doch einen unnötigen Beigeschmack. Für die betroffenen VfB- und HSV-Fans stehen wir jederzeit zur Verfügung, ebenso wie für Gespräche mit dem SV Zweckel. Und noch einmal: Wir können und werden diese Ereignisse im Interesse unserer treuen Fans nicht einfach so unter den Tisch fallen lassen. Auf Fußballplätze, gerade in diesen unteren Ligen, sollen und müssen Männer, Frauen und Kinder ohne Angst gehen. Hier wurde einiges an Vertrauen verspielt und am Ende schaden sich nur alle damit.

Mit sportlichen Grüßen

Stefan Berger                                                                     Philipp Retajski

Offizieller Fanbeauftrager VfB 48/64 Hüls                      Offizieller Fanbeauftragter Hammer SpVg